Klingt nach einer spannenden Story. Oder nach einer Kalten. Darf jetzt jeder bei der Überschrift denken, was er will. Nein, ich gendere nicht!
Februar 2022
Es war einmal eine freiberufliche Dozentin, die Anfang des Jahres unter schlimmsten pandemischen Bedingungen nach Badisch Sibirien reiste und nicht wusste, dass hier also der eisige Hammer hängt. Da die Pandemie in vollem Gang war, durfte ich bei meinem unbekannten Asiaten des Vertrauens nach der Bestellung draußen vor der Tür warten. Naja, nicht so schlimm, dachte ich, schließlich waren ja zwei Grad plus und Regen. Außerdem wusste ich ja noch nichts von Sibirien mitten in Deutschland. Wobei das nicht mittig liegt, eher unten, aber nun denn, wer will jetzt schon so genau auf die Geografie schauen. Es war kalt!
Und während ich da so eine Minute stehe, friert mein gesamter Körper auf Knopfdruck und ich habe das Gefühl, dass ich weinen möchte, obwohl ich dazu nur bei Trickfilmen neige, weil die eben die stärksten Botschaften haben, damit die Knirpse das auch verstehen. In jedem Fall hample ich vor der Bude von einem Bein aufs andere und wünsche mir acht weitere Beine. Passiert halt einsA nicht. Fast laufen mir die Tränen, aber der Asiate hat Mitleid und reicht mir ruck zuck mein Essen in nachhaltigem Plastik durchs Fenster und ich stürze zum Auto. Mir wird klar, dass ich wirklich keine zehn Sekunden länger durchgehalten hätte, so kalt war es dort. Später werden mir die Fortbildungsteilnehmer sagen, das wäre alles normal – wir sind in badisch Sibirien. Während sie das sagen, lachen sie alle. Verstehe ich nicht. Das war nicht witzig!
Das Jetzt:
Bei der Deutschen Bahn gehen nur zwei Wege. Warten oder Rennen. Das klingt so verdammt banal und ist doch die Wahrheit. Na, in jedem Fall musste ich auf der Hinfahrt nach Sibirien vor kurzem warten, denn die App benachrichtigte mich in einem halbstündlichen Takt, dass mein Zug Verspätung haben wird.
1. 10 Minuten – gut, kompensierbar, denke ich. Muss ich beim Umsteigen nicht so lange warten.
2. Nochmal 10 Minuten später – jut, jetzt im Modus 2 = rennen angekommen. Nervt zwar, aber da ich ja zehn, nee zwei Beine habe, müsste das funktionieren.
3. Ihr Zwischenstopp in.der.Stadt.wo.ich.umsteigen.muss, fällt aus. Bitte suchen sie sich alternative Routen!
HaHaHa. Selten so gelacht.
Nee, oder? Das kann ich nicht glauben, denke ich und atme erst mal tief durch, bevor ich nen Anfallsleiden bekomme. Was stimmt mit denen nicht? Ist das ne Art Spiel? Was kann ich den rennenden oder wartenden Kunden zumuten? Warum machen sie nicht noch Rätselraten dazu, damit man dann seine alternative Route auch nicht bekommt, weil man intellektuell zu doof war?
Egal, das Ende vom Lied war, dass ich zwei Stunden später ankam, nachdem ich seit kurz vor sieben morgens auf Arbeit war und nach Feierabend an den eisigen Arsch gefahren bin.
Es ist natürlich stockdunkel als ich aus dem Zug steige. Nebenbei merke ich, dass ich keine zwanzig mehr bin, denn ich bin hundemüde. Mich entschädigt der Weihnachtsmarkt, der mich in der gemütlichen kleinen Stadt empfängt.
Überall sind Lichter, große, schöne Lichter. In den Bäumen, vor der Kirche, dem Marktplatz. Ich erfreue mich daran, dass nicht alles abgeschaltet ist bei den Strompreisen und überlege, ob ich etwas essen sollte. Da es aber bereits weit nach zwanzig Uhr war, entschied ich mich dagegen, was ich in spätestens einer Stunde bereuen werde, und ich weiß es jetzt schon. Das finde ich wirklich cool, aber ich bin eben konsequent. Daran erkennt man klar, dass konsequent sein nicht zwangsläufig etwas Positives ist.
Also gut, es ist nur ein kleiner Weihnachtsmarkt, dafür aber unendlich schön und so laufe ich drüber und überlege jetzt, ob ich einen Glühwein trinken soll. Dann erinnere ich mich daran, dass ich Glühwein überhaupt nicht mag. Ich mag Schwarzbier, aber das hat hier leider keiner. Keine Bratwurst, kein Bier. Aber ein verspäteter Zug und ein Lichterabend in Sibirien. *Yeahhhh
Ich laufe also zum Hotel und finde an der Rezeption ohne Menschen einen Briefumschlag mit meinem Namen drauf. Ich bin Datenschutzbeauftragte auf Arbeit (macht das bloß nicht!) und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
2. OG – steht auf dem Umschlag.
Hinter mir ist eine Treppe und ich latsche nach oben. Ein Wäscheständer voller Schlüpper empfängt mich und eine offenstehende Toilette, die gefühlt 80 Jahre alt ist.
Ich schaue an alle Türen, aber nirgends sehe ich eine Zimmernummer.
Wo bin ich?
Coming soon. Part II
Lustig
LikeLike