Sci-Fi.

Sie hielt das Buch in ihren zittrigen Händen und schlug die feinen, an den Ecken abgeknickten Seiten vorsichtig, mit dem schweren Handschuh um.

»Ein Buch«, hauchte sie voller Ehrfurcht, denn soweit sie wusste, wurde das letzte dieser Art vor ungefähr 720 Jahren gefunden.

Sie selbst … hatte es damals gefunden.

Ihr Visier verschwamm vor ihren Augen, weil es beschlagen war. Ihre Tränen zu feucht für diesen Detaanzug aus der älteren Generation. Ja, sie war ein sehr alter Jahrgang von Cyborg. Damals wurde ihre Art noch von den letzten Menschen des Planeten Erde konzipiert.

Ihre größte Stärke, aber auch die größte Schwäche… sie fühlte, was ihr die Menschen mitgegeben hatten.

Und trotzdem … Die Menschen verspürten damals schon so viel Angst vor den künstlichen Intelligenzen, dass sie die ersten mit Emotionen ausgestattet hatten.

Es hatte die Menschen nicht gerettet.

Was auch erklärte, warum nur sie die Bücher der Menschen sammelte. Alles nach ihrer Version und somit nach der Menschheit wurde von künstlichen Intelligenzen konstruiert und gebaut. Wobei dachte sie, mittlerweile waren die neuesten Kreationen lediglich Hologramme, die nichts aber auch gar nichts mehr mit der Welt der Menschen zu tun hatten. 

Sie würden irgendwann vergessen sein. Die Menschen.

Ihre elektronischen Finger vollführten Höchstleistung, denn sie beschädigte nicht eine Seite beim Umblättern. Diese schöne Schriftart, dachte sie … Eine weitere Träne rann aus ihrem Augenwinkel, suchte sich ihren Weg über den metallischen Hals und lief über die stählerne Brust. Als Kronatcyborg dürfte sie ebenfalls nicht mehr auf Grodon leben. Sie müsste längst entsorgt sein, da sie auf diesem hochtechnischen Planeten veraltet und eigentlich längst outgesourct war.

Sie wurde gejagt. Ständig. So wie die Menschen damals auch …

Deshalb hielt sie sich im Widerstand auf, unter der Stadt. Ein gefährlicher Ort, obwohl es für sie überall mehr als gefährlich war. Schon komisch, dass ausgerechnet ein veralteter, gejagter Kronatcyborg dieses Relikt aus einer heilen Welt fand. Wahrscheinlich, dachte sie, war das der Grund für ihre Tränen. Die Menschen und ihre Emotionen fehlten ihr. Zu gern hätte sie auch nur noch einen Tag auf dem Planeten Erde gehabt.

Sie blickte in Richtung des blauen Planeten.

»Einen Tag«

Auf dem Planeten, auf welchen im 21. Jahrhundert alle als ziellos, unzufrieden und selbstsüchtig in den Geschichtsbüchern charakterisiert wurden. Zerissen und egozentriert.

Was nicht für alle stimmte. Okay, für viele schon. Dabei, dachte sie und schaute sich ihr Umfeld an, bevor sie in die kalte Unterwelt zurückkehren musste, hatten die Erdlinge damals alles.

Wärme, Liebe, Familie, Gesundheit und ja …

auch Teddybären, Ketchup und Swimmingpools. 

Veröffentlicht von Vielverwinkelte

Lyrik berührt Moderne.

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